Diensterfindung und KI

Schutzfähigkeit von Diensterfindungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz

Die Schutzfähigkeit von Diensterfindungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz (KI) stellt eine neue rechtliche Herausforderung dar, und zwar insbesondere hinsichtlich der Frage, ob Erfindungen, die unter Einsatz von KI generiert werden, rechtlich geschützt werden können. Besonders bei Diensterfindungen ergeben sich spezifische Abgrenzungsfragen.

Diensterfindung

Diensterfindungen sind in den §§ 6-17 des Patentgesetzes (PatG) geregelt. Eine Diensterfindung liegt gemäß § 7 Abs 3 PatG vor, wenn sie ihrer Art nach in das Arbeitsgebiet des Unternehmens fällt und wenn entweder die Tätigkeit, die zu der Erfindung geführt hat, zu den dienstlichen Obliegenheiten des Dienstnehmers gehört, oder wenn der Dienstnehmer die Anregung zu der Erfindung durch seine Tätigkeit im Unternehmen erhalten hat.

Patentfähigkeit von KI-generierten Erfindungen

Die Patentfähigkeit einer technischen Erfindung setzt gemäß § 1 Abs 1 PatG voraus, dass sie neu ist, sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt und gewerblich anwendbar ist.

Bei KI-generierten Erfindungen ergeben sich hierbei besondere Herausforderungen:

1. Neuheit: Neu ist, was nicht zum Stand der Technik gehört (Art 54 Abs 1 EPÜ; § 3 Abs 1 Satz 1 PatG). Den Stand der Technik bildet alles, was der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag der Anmeldung durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist (Art 54 Abs 2 EPÜ; § 3 Abs 1 Satz 2 PatG). Die Frage der Neuheit einer KI-generierten Erfindung kann Probleme aufwerfen, wenn öffentlich zugängliche KI-Systeme verwendet wurden, weil die KI möglicherweise auf Daten und Erkenntnisse zurückgreift, die bereits öffentlich verfügbar und somit Teil des Stands der Technik sind.

2. Erfinderische Tätigkeit: Eine erfinderische Tätigkeit liegt vor, wenn sich die Neuerung für die Fachperson nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (Art 56 Satz 1 EPÜ; § 1 Abs 1 PatG). Die erfinderische Tätigkeit fehlt aber nicht schon dann, wenn die Fachperson aufgrund des Stands der Technik zur Erfindung gelangen hätte können, sondern erst dann, wenn sie die Erfindung aufgrund eines hinreichenden Anlasses in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch tatsächlich vorgeschlagen hätte.

Traditionell orientierte sich das technische Wissen eines Durchschnittsfachmanns an Fachbüchern und Nachschlagewerken, basierend auf der Annahme, dass ein Fachmann sich bei technischen Herausforderungen durch einschlägige Literatur informiert (Wege, KI, Sprachmodelle & Patentrecht aus Unternehmenssicht, InTeR 2024, 100). KI-Modelle ermöglichen nun aber eine deutlich vereinfachte Informationserschließung, wodurch technische Problemlösungen wesentlich leichter auffindbar werden. Diese Entwicklung könnte die Schwelle für erfinderisches Zutun signifikant erhöhen (Wege, KI, Sprachmodelle & Patentrecht aus Unternehmenssicht, InTeR 2024, 100).

3. Gewerbliche Anwendbarkeit: Dieses Kriterium dürfte bei KI-generierten Erfindungen in der Regel weniger problematisch sein.

Erfindereigenschaft bei KI-generierten Erfindungen

Nach § 4 PatG hat nur der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger Anspruch auf die Erteilung des Patents. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass nur natürliche Personen als Erfinder gelten können (siehe dazu auch jüngst die Entscheidung des BGH 11.06.2024, X ZB 5/22, GRUR 2024, 1315 [Gärtner]). Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in § 6 Abs 1 PatG, der ausdrücklich eine natürliche Person als Erfinder fordert. Dies führt zu folgenden Konsequenzen:

1. KI-Systeme selbst können nicht als Erfinder anerkannt oder benannt werden.

2. Erfindungen, die vollständig autonom von einer KI ohne jegliche Beteiligung einer natürlichen Person geschaffen wurden, sind nicht schutzwürdig.

3. Bei Erfindungen, die durch eine Zusammenarbeit von Mensch und KI entstehen, kommt es auf den Beitrag des Menschen an. Ist die Beteiligung des Menschen lediglich untergeordnet, scheidet wiederum eine Erfindereigenschaft aus.

Beurteilung des menschlichen Beitrags

Die Frage, ob der menschliche Beitrag ausreicht, um eine menschliche Erfindereigenschaft und sohin eine patenfähige Erfindung zu begründen, ist im Einzelfall zu beurteilen. Dabei sind nicht allein die Aufgabenstellung des Arbeitgebers oder die Verwendung eines KI-Tools maßgeblich für die Begründung einer Diensterfindung, sondern ausschlaggebend ist die persönliche, kreative Erkenntnisleistung des Mitarbeiters (§ 7 Abs 1 PatG).

Für die Anerkennung einer schutzwürdigen Diensterfindung muss der menschliche Beitrag daher einen wesentlichen Anteil an der schöpferischen Leistung haben (Lampe inHandbuch Multimedia-Recht57, Schutz vor KI-Erzeugnissen, Rz 33). Maßgeblich für die Beurteilung ist der Umfang des Gestaltungsspielraums, den der Dienstnehmer bei der Einspeisung von Daten und der Nutzung von KI-Algorithmen hatte (Dornis, Die „Schöpfung ohne Schöpfer“ – Klarstellung zur „KI-Autonomie“ im Urheber- und Patentrecht, GRUR 2021, 791). Dabei spielen die Vorgaben des Dienstgebers und die Autonomie des Dienstnehmers im Forschungsprozess eine zentrale Rolle.

Es reicht aber nicht aus, dass der Dienstgeber lediglich die Aufgabenstellung formuliert. Vielmehr muss der Dienstnehmer einen erkennbaren Erkenntnisschritt zur Lösung des technischen Problems beitragen (Mayr, Vergütung für Erfindungen von Dienstnehmern – Kommentar zu den §§ 6 bis 20 und 28 Patentgesetz 1970). Für die rechtliche Bewertung von Erfindungen im Kontext von KI können auch Kriterien wie die Spezifität der Eingaben (Prompts), die Vorhersehbarkeit des Outputs und die Art der Nachbearbeitung durch den Menschen herangezogen werden.

Handlungsempfehlung bei Diensterfindungen

Unternehmen und Erfinder, die KI-Systeme für Innovationen nutzen, sollten daher besonders sorgfältig dokumentieren, wie die KI eingesetzt wurde und welche spezifischen Beiträge zur Erfindung geleistet wurden, um die erfinderische Tätigkeit der eigenen Mitarbeiter zu dokumentieren.

Wird eine patentfähige Erfindung unter Mitwirkung von KI von einem Dienstnehmer gemacht, gelten die Regelungen des PatG zu Diensterfindungen. Der Dienstnehmer ist gemäß § 12 PatG verpflichtet, dem Dienstgeber unverzüglich eine Mitteilung über die Erfindung zu machen. Der Dienstgeber hat dann das Recht, die Diensterfindung innerhalb von vier Monaten nach dieser Mitteilung für sich in Anspruch zu nehmen (§ 6 Abs 2 PatG).

Fazit

Die Schutzfähigkeit von Diensterfindungen im Zusammenhang mit KI hängt somit maßgeblich davon ab, inwieweit der menschliche Beitrag des Dienstnehmers als wesentlich für die Entstehung der Erfindung angesehen werden kann. Es bedarf einer sorgfältigen Einzelfallprüfung, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine patentfähige Diensterfindung erfüllt sind. Unternehmen sollten klare Richtlinien für den Umgang mit KI-Systemen bei der Entwicklung von Erfindungen etablieren, um potenzielle Patentansprüche zu sichern.